Berufspolitik

Berufspolitik

Tier-Homöopathen gewinnen vor dem Bundesverfassungsgericht. Der Tierarztvorbehalt für Homöopathika für Tiere ist aufgehoben.

Ein Jahr lang Bangen und Hoffen hat nun ein glückliches Ende gefunden. Tier-Homöopath*innen, Tierheilpraktiker*innen und auch die Tierbesitzer dürfen ihren Tieren wieder Globuli geben.

Das Damoklesschwert über der Tierhomöopathie hat sich glücklicherweise in Luft aufgelöst, das entsprechende Gesetz wurde für nichtig erklärt! War es doch ein schockierender Eingriff in die Berufsausübung so vieler Tierheilpraktiker*innen, als es seit Januar 2022 doch allen Ernstes verboten war, an Haustiere wie Hund, Katze, Pferd, humanhomöopathische Arzneimittel abzugeben. Weder Tierheilpraktiker*innen noch sogar die Halter selbst durften ihren Tieren Globuli geben. Nur Tierärzten sollte es weiterhin erlaubt gewesen sein, Humanhomöopathika abzugeben. Die meisten Tierärzte haben jedoch gar keine homöopathische Ausbildung. Lediglich 67 Tierärzte in ganz Deutschland führen die Zusatzbezeichnung Homöopathie. Tierheilpraktiker*innen bzw. Tierhomöopath*innen, die eine langjährige Ausbildung und Erfahrung mit der Homöopathie für Tiere haben, wurde durch dieses Gesetz faktisch das Berufsverbot erteilt. Man fragt sich, wie es dazu kommen konnte. Die Homöopathie wird ja als eine Therapiemethode betrachtet, die völlig unbedenklich beispielsweise bei Kindern eingesetzt werden kann. Für Hund, Katze, Pferd jedoch sollte die Anwendung von Homöopathie auf einmal verboten sein. „Das gibt es doch nicht, das kann doch nicht wahr sein!“, war die allgemeine Reaktion auf den §50 Abs. 2 des neuen Tierarzneimittelgesetzes (TAMG).

Ursprünglich war die Abgabe von Arzneimitteln im Arzneimittelgesetz (AMG) für Mensch und Tier gemeinsam geregelt. Eine EU-Richtlinie brachte die Reform auf den Weg. In Zukunft sollte es eine Unterscheidung zwischen Arzneimittel für Menschen und Tiere geben. Vorrangiges Ziel war es, den Antibiotikamissbrauch in der Massentierhaltung einzudämmen. Es sollte Antibiotika für Menschen und spezielle Antibiotika für Tiere geben. Es wird auch Zeit, gegen die um sich greifende Resistenzbildung gegen Antibiotika einzuschreiten. Der Gedanke war, dass es für Tiere nur noch Tierarzneimittel und für Menschen Humanarzneimittel geben sollte. Das wäre eigentlich eine klare Sache. Das Problem ist dabei nur, dass die gesamte Komplementärmedizin im Tierbereich mit Humanarzneimitteln arbeitet. Das betraf nicht nur die klassische Homöopathie, sondern auch die Phytotherapie, TCM-Kräutermedizin, Spagyrik, Anthroposophie, Blutegeltherapie und Eigenblutbehandlung. Ob es dem Gesetzgeber bewusst war, damit eine Berufsgruppe komplett auszuhebeln, sei dahingestellt.

Jedenfalls war es in der berufspolitischen Arbeit der Tierheilpraktikerverbände schon immer schwierig, überhaupt wahrgenommen zu werden. Bereits 2016 hat die Kooperation deutscher Tierheilpraktiker e. V. auf das Problem, dass Tierheilpraktiker mit Humanarzneimitteln arbeiten, aufmerksam gemacht. Und schon 2016 gab es eine Petition zu diesem Thema mit über 50.000 Unterschriften. Daraufhin wurde im Zuge einer öffentlichen Anhörung vor dem Petitionsausschuss des deutschen Bundestags das Bewusstsein für das Vorhandensein des Tierheilpraktikers in Deutschland bei einigen Abgeordneten erstmals geweckt. Trotzdem wurde das neue TAMG mit dem Tierarztvorbehalt für Homöopathika erlassen. Obwohl es ein fundiertes Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes zu Gunsten der Tierheilpraktiker gab, wurde das Gesetz durchgewunken. Die Berufsverbände hatten so gute Arbeit geleistet und standen dann trotzdem vor diesem niederschmetternden Ergebnis. Der Schock war erst einmal groß. In den Gesprächen mit den Abgeordneten sah es zunächst danach aus, dass es dann doch nicht wahr werden sollte. Scherzhaft hieß es: „Wer verbietet schon der Oma, ihrem Dackel Pulsatilla zu geben?“ Wieder wurde eine Petition auf den Weg gebracht, die wieder mit über 50.000 Unterschriften sehr erfolgreich war. Aber erst die Klage von drei Tierhomöopathinnen vor dem Bundesverfassungsgericht mit der Unterstützung der Berufsverbände hat dieses Urteil korrigiert. Am 16.11.22 wurde §50 Abs. 2 für verfassungswidrig erklärt. Das Verbot von Humanarzneimitteln für Tiere verstößt gegen das Grundgesetz der freien Berufsausübung der Tierheilpraktiker und war damit mit augenblicklicher Wirkung nichtig.

Das ist ein Sieg für die im öffentlichen Diskurs oft so verleumdete Homöopathie und für den Berufsstand des Heilpraktikers. Es zeigt sich hier aber auch, dass im Gegensatz zum Humanheilpraktiker der Beruf des Tierheilpraktikers noch keine staatliche Anerkennung gefunden hat. Die Berufsverbände bemühen sich seit Jahren vergeblich darum. Vielleicht kann dieses Urteil nun dazu beitragen, dass die Berufsanerkennung für Tierheilpraktiker endlich durchgesetzt werden kann, denn das Bundesverfassungsgericht hat zu seinem Urteil angemerkt, dass es eine Pflicht zum Nachweis von Kenntnissen in der Tierheilkunde geben sollte. Dem kann man nur voll und ganz zustimmen und die Berufsverbände werden weiter darauf hinarbeiten, dass der Beruf des Tierheilpraktikers endlich anerkannt und geschützt wird.

Alexandra Aicher
2. Vorsitzende des Berufsverband
klassischer Tierhomöopathen Deutschlands (BkTD)